Was sind Wettsysteme und warum sind sie wichtig?
Wettsysteme sind strukturierte Ansätze, die festlegen, wie viel du bei einer Wette einsetzt und wie du deine Einsätze über Zeit variierst. Im Gegensatz zu willkürlichem Wetten folgen Systeme klaren Regeln – das schützt deine Bankroll und hilft dir, emotional diszipliniert zu bleiben.
Ein gutes Wettsystem kann nicht aus schlechten Wetten profitable machen. Aber es kann gute Wetten optimal ausnutzen und Verluste begrenzen. Die Wahl des richtigen Systems hängt von deinem Risikoprofil, deiner Erfahrung und deinem Kapital ab.
In diesem Artikel vergleichen wir die wichtigsten Wettsysteme für Sportwetten – von konservativen Ansätzen wie Flat-Betting bis zu aggressiven progressiven Systemen. Du erfährst, welches System zu dir passt und worauf du achten musst.
Flat-Betting: Das Fundament für solides Wetten
Flat-Betting ist das einfachste und gleichzeitig eines der solidesten Wettsysteme. Die Regel: Du setzt bei jeder Wette denselben Betrag oder denselben Prozentsatz deiner Bankroll.
So funktioniert Flat-Betting
Bei einer Bankroll von 1.000 Euro könntest du entscheiden, pro Wette 2% zu setzen – also 20 Euro. Unabhängig davon, ob die vorherige Wette gewonnen oder verloren wurde, bleibt der Einsatz konstant (oder wird regelmäßig an die aktuelle Bankroll angepasst).
Beispiel:
- Bankroll: 1.000 €
- Einsatz pro Wette: 2% = 20 €
- Nach 5 Wetten (3 gewonnen, 2 verloren): Bankroll ca. 1.020 €
- Neuer Einsatz: 2% von 1.020 € = 20,40 €
Vorteile von Flat-Betting
- Einfach umzusetzen: Keine komplexen Berechnungen nötig
- Geringes Risiko: Bankroll wird langsam aufgebaut, kein Totalverlust bei Verlustserien
- Emotional stabil: Kein Druck, Verluste schnell aufholen zu müssen
- Für Anfänger ideal: Perfekt zum Lernen und Erfahrungen sammeln
Nachteile von Flat-Betting
- Langsames Wachstum: Gewinne akkumulieren sich nur graduell
- Keine Optimierung: Berücksichtigt nicht die Qualität einzelner Wetten (Value)
- Konservativ: Für erfahrene Wetter mit gutem Quotengespür nicht optimal
Fazit: Flat-Betting ist das beste Wettsystem für Anfänger und alle, die ihre Bankroll schützen wollen. Es ist die Basis, von der aus du später zu komplexeren Systemen wechseln kannst.
Martingale-System: Verdopplung nach Verlust
Das Martingale-System stammt aus dem Casino-Bereich und wird oft fälschlicherweise auch für Sportwetten empfohlen. Die Idee: Nach jedem Verlust verdoppelst du deinen Einsatz, bis du gewinnst. Dann startest du wieder von vorne.
So funktioniert Martingale
Du setzt 10 Euro und verlierst. Nächste Wette: 20 Euro. Wieder verloren? 40 Euro. Dann 80 Euro. Gewinnst du schließlich bei 80 Euro (z.B. bei Quote 2.0), deckst du alle vorherigen Verluste (10 + 20 + 40 = 70 Euro) und machst 10 Euro Gewinn.
Beispiel-Sequenz (Quote 2.0):
- Einsatz 1: 10 € → Verlust → -10 €
- Einsatz 2: 20 € → Verlust → -30 €
- Einsatz 3: 40 € → Verlust → -70 €
- Einsatz 4: 80 € → Gewinn → +10 € (80 € Gewinn - 70 € Verluste = +10 €)
Warum Martingale in der Theorie funktioniert
Wenn du unendlich Kapital hättest und es keine Wettlimits gäbe, würdest du irgendwann gewinnen und alle Verluste ausgleichen.
Warum Martingale in der Praxis scheitert
Problem 1: Exponentielle Einsatzsteigerung Nach 7 Verlusten in Folge müsstest du bereits 1.280 Euro setzen (Start: 10 Euro). Die meisten Bankrolls überleben das nicht.
Problem 2: Wettlimits Buchmacher haben Höchsteinsätze. Spätestens dort ist Schluss – auch wenn dein System weiterlaufen müsste.
Problem 3: Quoten unter 2.0 Bei realistischen Sportwetten-Quoten (z.B. 1.80) musst du noch mehr riskieren, um Verluste auszugleichen.
Vorteile (theoretisch)
- Garantiert Gewinn bei ausreichend Kapital (theoretisch)
- Einfaches Prinzip
Nachteile (praktisch)
- Extrem riskant: Eine Verlustserie ruiniert die Bankroll
- Keine Value-Betrachtung: Ignoriert Wahrscheinlichkeiten und Quoten
- Emotional belastend: Hoher Druck bei steigenden Einsätzen
- Wettlimits: Stoppen das System oft vorzeitig
Fazit: Das Martingale-System ist für Sportwetten ungeeignet. Es verspricht sichere Gewinne, führt aber fast immer zum Totalverlust. Finger weg – außer du willst deine Bankroll schnell vernichten.
Fibonacci-System: Progressive Einsätze mit Mathematik
Das Fibonacci-System ist eine abgeschwächte Variante des Martingale-Ansatzes. Statt zu verdoppeln, folgst du der Fibonacci-Folge (1, 1, 2, 3, 5, 8, 13, 21 …). Nach einem Verlust gehst du einen Schritt weiter in der Folge, nach einem Gewinn zwei Schritte zurück.
So funktioniert Fibonacci
Du startest mit 10 Euro (Einheit). Nach einem Verlust setzt du die nächste Zahl in der Folge:
- 10 € → Verlust
- 10 € → Verlust
- 20 € → Verlust
- 30 € → Gewinn → zurück zu 10 €
Vorteile von Fibonacci
- Weniger aggressiv als Martingale
- Geringeres Risiko bei Verlustserien
- Systematischer Ansatz
Nachteile von Fibonacci
- Immer noch progressiv und riskant
- Ignoriert Value und Wahrscheinlichkeiten
- Kann bei langen Verlustserien teuer werden
- Komplizierter als Flat-Betting ohne echten Vorteil
Fazit: Fibonacci ist weniger gefährlich als Martingale, aber immer noch ein progressives System mit Schwächen. Für die meisten Wetter gibt es bessere Alternativen.
Kelly-Kriterium: Mathematisch optimale Einsätze
Das Kelly-Kriterium ist die mathematisch präziseste Methode, um Einsätze zu bestimmen. Es berechnet, wie viel du setzen solltest, um deine Bankroll langfristig maximal zu wachsen – basierend auf Wahrscheinlichkeit und Quote.
Die Kelly-Formel
Kelly-Einsatz (%) = (Quote × Wahrscheinlichkeit - 1) / (Quote - 1)
Beispiel:
- Quote: 2.50
- Deine geschätzte Wahrscheinlichkeit: 50% (0.50)
- Kelly-Einsatz = (2.50 × 0.50 - 1) / (2.50 - 1) = 0.25 / 1.50 = 16.67%
Du solltest also 16.67% deiner Bankroll setzen.
Vorteile des Kelly-Kriteriums
- Optimal für Value Bets: Maximiert langfristiges Wachstum
- Mathematisch fundiert: Basiert auf Wahrscheinlichkeitstheorie
- Berücksichtigt Quoten: Passt Einsätze an tatsächlichen Value an
- Für erfahrene Wetter ideal: Nutzt statistische Vorteile optimal aus
Nachteile des Kelly-Kriteriums
- Erfordert präzise Einschätzungen: Fehler bei der Wahrscheinlichkeitsberechnung führen zu falschen Einsätzen
- Kann aggressiv sein: Volles Kelly empfiehlt oft hohe Einsätze
- Emotional fordernd: Varianz kann hoch sein
- Nur für Value-Wetter: Ohne systematische Value-Identifikation sinnlos
Fractional Kelly: Die sicherere Variante
Viele Profis nutzen halbes Kelly (50% des berechneten Einsatzes) oder Viertel-Kelly (25%). Das reduziert Varianz und Risiko, während du immer noch von Value profitierst.
Fazit: Das Kelly-Kriterium ist das beste Wettsystem für erfahrene Wetter, die Value Bets zuverlässig identifizieren können. Anfänger sollten mit Flat-Betting starten und später zu Fractional Kelly übergehen. Mehr Details zur praktischen Anwendung findest du in unserem ausführlichen Artikel zum Kelly-Kriterium bei Sportwetten.
Proportionales Wetten: Prozentsatz der Bankroll
Ähnlich wie Flat-Betting, aber mit leichter Anpassung: Du setzt immer einen festen Prozentsatz deiner aktuellen Bankroll. Der absolute Betrag variiert also mit der Größe deiner Bankroll.
So funktioniert proportionales Wetten
- Start-Bankroll: 1.000 €, Einsatz: 2% = 20 €
- Nach Gewinn: Bankroll 1.050 €, Einsatz: 2% = 21 €
- Nach Verlust: Bankroll 980 €, Einsatz: 2% = 19,60 €
Vorteile
- Automatische Anpassung an Bankroll-Größe
- Schützt bei Verlusten (Einsätze sinken)
- Nutzt Gewinne (Einsätze steigen)
- Einfach umzusetzen
Nachteile
- Kann bei kleinen Bankrolls zu Mini-Einsätzen führen
- Kein mathematisches Optimum wie Kelly
- Wächst langsamer als Kelly bei Value Bets
Fazit: Proportionales Wetten ist ein guter Kompromiss zwischen Flat-Betting und Kelly. Es ist konservativ, aber dynamischer als reines Flat-Betting.
Labouchère-System: Gewinne mit Zahlenreihen
Das Labouchère-System (auch Abstreichsystem genannt) nutzt eine Zahlenreihe, um Einsätze zu bestimmen. Du streichst Zahlen nach Gewinnen und fügst sie nach Verlusten hinzu.
So funktioniert Labouchère
Starte mit einer Zahlenreihe, z.B. 1 - 2 - 3 - 4 - 5. Dein Einsatz ist die Summe der ersten und letzten Zahl (1 + 5 = 6 Einheiten).
- Gewinn: Streiche 1 und 5. Neue Reihe: 2 - 3 - 4
- Verlust: Füge 6 am Ende hinzu. Neue Reihe: 1 - 2 - 3 - 4 - 5 - 6
Ziel: Alle Zahlen streichen.
Vorteile
- Strukturierter Ansatz
- Weniger aggressiv als Martingale
Nachteile
- Kompliziert in der Praxis
- Immer noch progressiv und riskant
- Ignoriert Value und Wahrscheinlichkeiten
- Für Anfänger ungeeignet
Fazit: Labouchère ist interessant, aber für Sportwetten unpraktisch. Flat-Betting oder Kelly sind deutlich effizienter.
Welches Wettsystem passt zu dir?
Die Wahl des richtigen Wettsystems hängt von mehreren Faktoren ab:
Für Anfänger: Flat-Betting
Wenn du gerade mit Sportwetten startest:
- Setze 1-2% deiner Bankroll pro Wette
- Konzentriere dich auf Lernprozess, nicht auf schnelle Gewinne
- Bleibe diszipliniert und emotional stabil
Für Fortgeschrittene: Proportionales Wetten oder Fractional Kelly
Wenn du bereits Value Bets identifizieren kannst:
- Nutze proportionales Wetten (2-3% der Bankroll)
- Teste halbes oder Viertel-Kelly für bessere Wetten
- Dokumentiere deine Ergebnisse und passe an
Für Profis: Kelly-Kriterium
Wenn du statistisch fundiert arbeitest:
- Nutze volles oder halbes Kelly für klare Value Bets
- Beherrsche Wahrscheinlichkeitsberechnung und Quotenanalyse
- Habe genug Bankroll für Varianz
Was du vermeiden solltest
- Martingale und ähnliche progressive Systeme: Extrem riskant, führen fast immer zum Totalverlust
- Bauchgefühl-Einsätze: Keine Strategie, keine Kontrolle
- Zu aggressive Einsätze: Mehr als 5% der Bankroll pro Wette ist gefährlich
Praktische Tipps für die Umsetzung
Egal für welches System du dich entscheidest – diese Grundregeln gelten immer:
1. Definiere deine Bankroll klar Setze nur Geld ein, das du verlieren kannst. Trenne deine Wett-Bankroll strikt von anderen Finanzen.
2. Dokumentiere deine Wetten Führe ein Wett-Tagebuch: Datum, Wette, Quote, Einsatz, Ergebnis, Begründung. Nur so kannst du lernen und dein System optimieren.
3. Bleib diszipliniert Halte dich an dein gewähltes System – auch nach Verlusten. Emotionale Einsatzerhöhungen sind der häufigste Grund für Bankroll-Verluste.
4. Passe dein System regelmäßig an Alle 50-100 Wetten: Analysiere deine Performance, passe Einsätze an, optimiere deine Strategie.
5. Nutze Value als Grundlage Kein Wettsystem macht aus schlechten Wetten profitable. Identifiziere zuerst Value, dann nutze dein System, um Einsätze zu optimieren.
Fazit: Welches Wettsystem ist das beste?
Es gibt kein universell bestes Wettsystem. Die richtige Wahl hängt von deiner Erfahrung, deinem Risikoprofil und deinen Fähigkeiten ab.
Für Anfänger: Flat-Betting mit 1-2% der Bankroll pro Wette. Einfach, sicher, lehrreich.
Für Fortgeschrittene: Proportionales Wetten oder Fractional Kelly (halbes/Viertel-Kelly). Balanciert Wachstum und Risiko.
Für Profis: Volles Kelly-Kriterium bei klaren Value Bets. Maximiert langfristiges Wachstum.
Vermeide: Martingale, Fibonacci und andere progressive Systeme ohne Value-Grundlage. Sie sind gefährlich und langfristig ruinös.
Das wichtigste Element ist nicht das System selbst, sondern deine Fähigkeit, Value Bets zu finden, diszipliniert zu bleiben und langfristig zu denken. Ein konservatives System mit guten Wetten schlägt jedes aggressive System mit schlechten Wetten.
Starte mit Flat-Betting, sammle Erfahrung, lerne Value zu identifizieren – und steige dann auf ein optimiertes System wie Kelly um. So baust du langfristig eine profitable Wettstrategie auf.